ADHS-Organisation elpos Schweiz

Aufschieberitis…Eine Mutter erzählt…

chris-lawton-5IHz5WhosQE-unsplash

Als ich dieses Wort gelesen habe, musste ich mich kurz selber fragen, was soll ich genau darunter verstehen. Nun ja aufschieben von irgendwelchen Dingen, Aufgaben? Haben wir das in unserer Familie Nach einigen Überlegungen kam mir in den Sinn, dass mein Sohn, ein Talent für die Aufschieberei, zu minder für zu Hause hat. Aufräumen und Ordnung halten ist nicht so sein Ding.

Letzthin, rutschte mir beim Aufräumen der Schulsack meines Sohnes aus den Händen, dabei viel eine Mappe auf den Boden, die mich kurzum so auffordernd anschaute, da konnte ich nicht widerstehen und öffnete sie. Gross geschrieben stand darin «Vortrag über Motorräder». Eingabe heute! «Was heute?» fragte ich mich. Wo sind die Notizen und Blätter des Vortrags? Bereits gingen mir einige Szenarien durch den Kopf. «Ich sagte mir: tief durchatmen und Geduld üben, bis mein Sohn nach Hause kommt, vielleicht hat er ja alles schon erledigt.»

Als mein Sohn am Mittag nach Hause kam, fragte ich ihn so beiläufig wie es denn heute Morgen mit dem Vortrag gelaufen sei? Da lief jemand rot an und verdrückte sich gleich in seinem Zimmer. Nach nochmaligen fragen, erklärte mir mein Sohn, dass er den Vortrag verschieben konnte, da ihm ein paar Unterlagen fehlten. «Aber du hast doch ein Motorradbuch, da steht doch alles drin.» «Ja, ja Mami, aber ich habe das Thema gewechselt, ich erzähle nun über Autos.» «Oje noch schlimmer», dachte ich mir. «Und wie geht es nun weiter?» Fragte ich nach. Die Antwort war: «Ich habe noch eine Woche Zeit! Ja aber, wie lange ist eine Woche Zeit für dich?» «Ja eben eine Woche, das ist lange, ich habe ja auch schon angefangen etwas zu schreiben? «Angefangen etwas zu schreiben? Eine Woche ist lange?»

Mit diesem Verhalten von meinem Sohn war ich nicht einverstanden, das konnte ich so nicht akzeptieren, und verlangte von ihm eine Erklärung. Dazu äusserte ich meine Bedenken, dass er so eine schlechte Note riskiere, und in der Schule nicht weiterkomme. Schon war die Mittagspause vorüber und mein Sohn düste bereits wieder in die Schule. Wie packen wir dieses Verhalten an? Meine Gedanken schwirrten hin und her und ich fragte mich: «Was können wir als Eltern tun, damit unser Sohn diese «Aufschieberei» genau angeht.

Es war nicht das erste Mal, dass er das Lernen und erledigen von Aufgaben vergessen oder aufgeschoben hat. Uns ist die Aufschieberei einfach nicht aufgefallen. Die Arbeiten zu Hause aufzuschieben ist das eine, aber in der Schule durch die Aufschieberei ins Hintertreffen zu kommen, ist das Andere, dachte ich mir.» So kam ich auf die Idee einen Kuchen zu backen, um nach dem Abendessen einen runden Familientisch zu organisieren.

Natürlich habe ich mich mit meinem Mann vorher abgesprochen. Auch er fand dieses Verhalten sehr fraglich, da unser Sohn nicht gerade die Noten nach Hause bringt, die er haben müsste. Das Thema an diesem runden Tisch war die «Aufschieberitis». Schon als mein Sohn dieses Wort hörte, verdrehte er die Augen und meinte: «Er habe alles im Griff.» Mein Mann und ich erklärten ihm die Situation aus unserer Sicht, was für Folgen es haben kann. Wir fragten unseren Sohn, wie er sich dieses Aufschieben erklären kann?

Es wurde diskutiert und es gab ein hin und her, bis wir einen ersten Schritt mit unserem Sohn vereinbaren konnten. Die Auflage war, jeden Abend die Aufgaben miteinander zu besprechen, Termine zu planen und Ziele zu setzen.

Am Ende dieses runden Tischs schien unser Sohn doch etwas erleichtert zu sein, da er eine Struktur erkannte, die ihm sicher fürs Erste helfen kann. Die Kunst liegt nun bei uns Eltern, unseren Sohn zu bewegen um uns die Aufgaben zu zeigen, und ihm beizubringen mit konstruktiver Kritik umzugehen. Die Geduld und die Zeit werden uns zeigen, wie sich das Planen der Aufgaben entwickeln wird. Wir als Eltern sind nun um einiges mehr gefordert unterstützend zu wirken. Das Wort Aufschieberitis können wir vielleicht bald aus unserem Vokabular streichen, vielleicht erstmal einen Buchstaben, welchen wir als erstes nehmen, werden wir sehen.

Lilo Schwarz Imhasly war Vorstandsmitglied bei elpos Zentralschweiz. Sie ist ADHS-Coach, Berufsbildnerin HR und Personalberaterin. Ihre Texte zeigen mögliche Veränderungsansätze auf.

Facebook
LinkedIn
XING