ADHS-Organisation elpos Schweiz

ADHS und Militär

ADHS im Militärdienst

ADHS-Organisation elpos Zürich – Erfahrungsbericht – Erfahrungen mit ADHS

Die Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung zeigt sich durch Probleme mit der Aufmerksamkeit, der Impulsivität und der Selbstregulation im alltäglichen Leben und kann begleitet sein durch starke körperliche Unruhe.

Die neueren Forschungen zeigen, dass diese Störung als komplexe Entwicklungsverzögerung der Selbstregulation und Selbstorganisation im Gehirn zu verstehen ist. Betroffene machen viele Flüchtigkeitsfehler, sind ablenkbar, können nicht zuhören, haben ein unordentliches, planloses oder desorganisiertes Arbeitsmuster, verlieren viele Gegenstände (Schulmaterial, Schlüssel, Schreibmaterial, Werkzeuge, Brille etc.), denken nicht an Verabredungen oder versprochene Besorgungen, hampeln häufig mit Händen und Füssen, schaukeln mit dem Stuhl am Tisch, können nicht sitzenbleiben, reden oft übermässig viel, können nicht gelenkt werden, sind voreilig, können nicht warten.

Die Symptome alleine haben keinen Krankheitswert. Wenn die oben beschriebenen Verhaltens-weisen aber zu Schwierigkeiten in der Schule, zu mangelnden schulischen Leistungen, oder zu Schwierigkeiten in der sozialen Integration führen, ist die Lebensführung beeinträchtigt. Dadurch entsteht der Leidensdruck für die Betroffenen und die Beteiligten, was eine Therapie rechtfertigt.

Das Ziel einer medikamentösen Intervention, meist kombiniert mit einer Verhaltenstherapie, ist die Selbstregulierung des alltäglichen Lebens altersentsprechend zu steuern und die Entwicklung des Gehirns und des Verhaltens zu fördern.

ADHS und Militärdienst: Gehorsam und Teamfähigkeit

Die Schweizer Armee hat die Aufgabe, das Land zu verteidigen und die Bevölkerung zu schützen. Die Armee ist ein streng strukturiertes, hierarchisch organisiertes System. Unsere Soldaten müssen fähig sein, in Gruppen zu leben, zu denken und zu arbeiten. Sie müssen hilfsbereit sein für ihre Kameraden. Sie müssen sich in ein System einordnen können, das auf Befehl und Gehorsam beruht. Sie werden an der Waffe ausgebildet und müssen diese präzis und korrekt handhaben können. Sie werden für unterschiedliche Aufgaben eingesetzt, müssen sich selbständig organisieren können und Wache schieben. Sie müssen bereit sein für Nachtübungen und Wochenendeinsätze.

Medikation und Symptome entscheiden über die Militärdiensttauglichkeit.
Die Diagnose eines ADHS ist grundsätzlich kein Hinderungsgrund, Militärdienst zu leisten.

  • Wenn in der Kindheit ein ADHS diagnostiziert wurde, das im Verlauf abgeklungen ist und die Betroffenen mindestens ein Jahr ohne Medikation und ohne Symptome sind, können sie uneingeschränkt Militärdienst leisten.
  • ADHS-Betroffene, die mit einer Medikation im alltäglichen Leben beschwerdefrei funktionieren, sind militärdiensttauglich mit Einschränkungen. Das heisst, sie sind schiessuntauglich und erhalten keine Fahrerfunktion.
  • Stellungspflichtige mit einer Diagnose ADHS, die medikamentös behandelt sind und noch Restsymptome zeigen, sind nicht militärdiensttauglich. Bei diesen Betroffenen können wir über die Zivilschutztauglichkeit entscheiden (ohne Fahrerfunktion).
  • Bei einer Diagnose ADHS, das mit alternativen Methoden (Strategietraining, Kinesiologie etc.) behandelt wird, prüfen wir die Restsymptome.

Es ist nützlich, ein Zeugnis von einem Arzt oder einer Fachperson (Psychologie) vorzuweisen, um die Beurteilung zu erleichtern.

Der erste Kontakt mit dem Militärdienst haben die Stellungspflichtigen ab etwa dem 17. Lebensjahr am Orientierungstag der Schweizer Armee, zu dem sie vom Kreiskommando des Kantons aufgeboten werden. An diesem Tag wird der Stellungspflichtige informiert über den Ablauf an der Rekrutierung und es wird ein medizinischer Fragebogen abgegeben. Es ist wichtig, hier Diagnose und Therapie anzugeben. Die eigentliche Rekrutierung erfolgt bis 18 Monate vor dem RS-Start. An der Rekrutierung wird eine eingehende medizinische-psychologische Beurteilung gemacht. Diese basiert auf einer ärztlichen Untersuchung, einer elektronischen Befragung und einer allfälligen Exploration bei Psychologen. Bei einem Untauglichkeitsentscheid hat jeder Stellungspflichtige die Möglichkeit, sich an die Beschwerdeinstanz zu wenden und gegen den Entscheid zu rekurrieren. Ansonsten muss ein finanzieller Dienst im Sinne der Wehrpflichtersatzabgabe geleistet werden.

Bei Fragen wenden Sie sich an: milazd.info@vtg.admin.ch oder besuchen Sie www.armee.ch.

Autorin: Dr. med. Susanna Schärli Maurer, ehemalige Chefärztin im Rekrutierungszentrum Aarau

Dieser Text ist erstmals in der elpost Nr. 70 erschienen.