ADHS-Organisation elpos Schweiz

ADHS und Partnerschaft

Wie ADHS die Beziehung beeinflusst

ADHS-Organisation elpos Zürich – ADHS in der Partnerschaft und Therapiemöglichkeiten

Erzählen ADHS betroffene Personen von emotionalen Überreaktionen oder unerklärlichen Stimmungsschwankungen, so betrifft dies häufig beide Geschlechter. Auch was impulsive Gefühlsausbrüche oder die Schwierigkeit anbetrifft, bei Frust oder Wut die Kontrolle zu bewahren. In der Coaching-Praxis offenbart sich immer wieder, wie Betroffene darunter leiden, wenn mit ihnen „der Gaul durchgeht“ oder sie der „Teufel reitet“.

Die mangelhafte Affektkontrolle ist jedoch nicht das einzige Symptom, das in Partnerschaften oft zum Bruch führt. Auch die enorme Herausforderung, die Gefühlsbalance zwischen Hoch und Tief zu finden, wirkt sich auf die Betroffenen aus. Da schwebt die verliebte Susanne auf allen Wolken und zählt die Stunden, bis sie ihren Partner wieder sieht – und kaum liegen sie einander in den Armen, stösst sie ihn von sich. Plötzlich kann sie mit dieser Nähe nicht mehr umgehen. Zuweilen wird sie geplagt von Eifersucht (auf die Ex-Freundin) oder negativen Gedanken („Genüge ich ihm wirklich?“) und sucht nach einem Haar in der „Glückssuppe“ bis der Liebste völlig entnervt zum Rückzug bläst. Die Folge: Weltschmerz, Bestätigung, dass sich die Vorahnung bewahrheitet hat und Susanne nicht geliebt wird, so wie sie ist. Aber auch Männer fühlen sich in der Partnerschaft oft unverstanden, weil sie ihre Bedürfnisse oder Gefühle nicht so kommunizieren können, dass sie von der Ehefrau verstanden werden. Die Partnerin wiederum verzweifelt darüber, dass sie selbst nicht richtig wahrgenommen wird. Ein Wechselspiel, das oft in eine Dynamik des gegenseitigen Nicht-Verstehens mündet.

Das emotionale Innenleben von ADHS betroffenen Menschen ist komplex und ihre Gefühlswelt geprägt von ihrer Reizoffenheit. Das heisst, sie empfangen Sinneseindrücke wie etwa Bilder, Klänge, Düfte viel stärker als andere. Sie haben oft eine hohe Sensibilität für Stimmungen und Schwingungen anderer Personen, aber es fällt ihnen zuweilen auch schwer, diese einzuordnen oder zu deuten. Was einerseits nach einer Gabe klingt, ist andererseits eine Herausforderung und Belastung. Besonders dann, wenn zu viele Reize den Betroffenen überfluten und dadurch seine Wahrnehmungen verstärkt oder irritiert. Freude oder Leid werden intensiv erlebt. Aber auch Kritik. Bereits im Kindesalter wirkt sich diese störend auf den Selbstwert aus. Und als Erwachsener reagiert der Betroffene mit grosser Verletzlichkeit darauf.

Wie krieg ich das bloss in Griff? Marc, 35, sitzt geknickt in seinem Stuhl in der Coaching-Praxis. Neben ihm seine junge Ehefrau mit dem fünfmonatigen Töchterchen auf dem Arm. Es herrscht Hochspannung. Vier Tage zuvor hat er daheim ein Möbelstück demoliert – aus Frust. Weil der Familienvater Lisa nicht über seine abgeänderten Freizeit-Pläne informierte, stand sie plötzlich vor vollendeten Tatsachen: Marc sollte nach dem Training die beiden Kinder hüten, stattdessen hatte er ein Ticket für einen Fussball-Match. „Ich sagte ihm klar, was ich von dieser Handlungsweise dachte, aber damit brachte ich ihn nur in Rage.“ Lisa hat je länger je mehr Mühe, mit seinen Ausrastern zu leben. „Und mir tut es danach so wahnsinnig leid, weil ich meine Familie über alles liebe“, gesteht er zerknirscht.

Im Coaching will er lernen, mit seiner niedrigen Frustrationstoleranz und fragilen Impulskontrolle um zu gehen. Seine Frau und die beiden Kinder will er nicht verlieren. Gemeinsam analysieren wir die Situation, die zur Eskalation geführt hat und wie das Paar solchen Ausbrüchen vorbeugend entgegen wirken kann. Marc und Lisa bekommen die Aufgabe, miteinander ein Zeichen zu vereinbaren, mit dem Marc signalisieren kann, wann er an seine Grenzen kommt. Auf diese Weise soll die Negativspirale frühzeitig gebremst werden. Marc schildert seinen Ausnahmezustand: „Innerlich baut sich bei mir Druck auf wie ein Ballon, der irgendwann mal platzt. Ich fühle mich dann wie ferngesteuert, vom Teufel geritten und habe das Gefühl, dass ich im Recht bin. Und ich weiss, dass ich mich in solchen Situation meinem Umfeld gegenüber rücksichtslos verhalte.“Was hilft ihm dann? „Wenn meine Frau auf räumliche Distanz von mir geht. Ruhig und nicht im Streit. Auch wenn sie mir reflektierend sagt: Halt! Jetzt gehst du zu weit.“ Schlecht sei es vor allem, wenn sich Lisa bei einer emotional negativen Schwingung im gleichen Ton darauf einlässt und sie von ihm mitziehen lässt. „Dann schaukeln wir uns gegenseitig hoch. Und sie wird für mich eine Projektionsfläche, um Dampf abzulassen.“